Leben formen-eine Maturitätsarbeit

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Letzten Herbst erhielt ich einen Anruf von einer jungen Frau, deren Anliegen war, an der Töpferscheibe drehen zu lernen. Ihre zielstrebige und selbstbewusste Art machte mich neugierig und ich lud sie in die Töpferei ein. Salome wollte ihre Maturitätsarbeit zum Thema Töpfern erstellen und hatte noch keine konkrete Idee, wie ihr Projekt am Ende aussehen sollte. Es war aber klar, dass das Drehen und die Form im Mittelpunkt stehen sollten. Wir vereinbarten ein paar Privatstunden.
Salome hat sehr schnell gelernt! Und langsam kristallisierte sich auch das Projekt heraus. Sieben Gefässe, von gross und bauchig bis zur flachen Scheibe, alle innen flammend rot glasiert und jeweils mit 700 Gramm Ton gedreht.

Ich besuchte ihre Schule am grossen Tag der Präsentation. Die Schülerinnen und Schüler hatten 15-20 Minuten Zeit, ihre Arbeit vor Publikum zu präsentieren. Ehrlich gesagt, hatte ich schon etwas Herzklopfen. Ich durfte die junge Frau einige Wochen auf dem Weg zu den fertigen Objekten begleiten, nun stand sie alleine vor all diesen Leuten. Kein Problem für Salome. In ihrer jugendlichen Unbeschwertheit überstand sie die 20 Minuten souverän.
Ihre Arbeit ist sehr Philosophisch geworden. Das grösste Gefäss symbolisiert die „Mutter“. Das Rot steht für Lebendigkeit, Fruchtbarkeit, Liebe und Leidenschaft. Aber auch für Hass und Krieg. Die folgenden Formen sind ein Übergang bis zur Scheibe, die für Ruhe und Ausgeglichenheit steht.

Mein Lieblingsabschnitt in ihrer Arbeit:“ Ich möchte versuchen, dem Leben gegenüber offen zu bleiben, ohne meine Werte und Überzeugungen zu verleugnen. Sie sollen lederhart bleiben, also in einem Zustand, der Veränderungen zulässt, aber in dem die Grundform nicht mehr verleugnet werden kann.“ Wow!

Liebe Salome, ich wünsche Dir alles Glück der Erde auf deinem weiteren Lebensweg. Es war mir eine Freude, Dich ein Stück weit begleiten zu dürfen!